• Glocken begleiten unser Leben

  • von Pfarrer Hermann Differenz( Pfarrvikar)
    Liebe Gemeinden,
    in diesem Frühjahr konnte ich zweimal über die Geschichte und die Bedeutung der Glocken einen Vortrag in St. Peter und Paul und in St. Marien halten, es kam der Wunsch auf, dass ich doch nochmal dazu etwas in den Gemeindebrief schreiben könnte.
    Glocken begleiten unser Leben. Das lässt mich einmal an eine ehemalige Lorscherin denken, die als junge Frau nach Amerika ausgewandert ist und deren Freundin in der Nähe der Lorscher Kirche wohnte. Wenn sie ab und zu über den großen Teich hinweg telefonierten, dann freute sie sich, wenn am Samstag das Einläuten zum Sonntag zu hören war. Die Glocken der Heimat erinnern an frohe Tage in unseren Familien, wie Taufe, Erstkommunion, Hochzeiten und besondere Feiertage, aber sie erinnern auch den Schmerz des Abschieds, wenn das Totengeläut angestimmt wird.
    In der Nachbarschaft zum Klein-Auheimer Pfarrhaus konnte ich bis fast zu ihrem Tod Frau Gertrud Reitz immer wieder mit der Hl. Kommunion besuchen und beim Gespräch gingen ihre Gedanken auch immer wieder in die Heimat im Fuldaer Land und sie sagte: Die Klein-Auheimer Glocken klingen schön, doch die von Großauheim, die höre ich besonders gern, denn sie erinnern mich an die Glocken meiner Heimat.
    Glocken rufen in den Alltag hinein und in Zeiten, wo es noch keine Uhren gab und man sich auf den Stand der Sonne verlassen musste, da hatten sie die große Aufgabe, die Menschen zu erinnern. Es waren eben auch weltliche Aufgaben. Es gab in manchen Orten das Schulläuten, es gab das Elf-Uhr- Läuten, damit die Bauern aus dem Feld zur Mittagspause nach Hause aufbrechen konnten. Es gab das Feuer- und Sturmläuten, um die Gemeinde auf Gefahren hinzuweisen und um Hilfe zu rufen. Aus diesem Grund hatten die politischen Gemeinden in vielen Orten auch die Aufgabe für die Sicherheit des Turmes und der Glocken zu sorgen und das finanziell mitzutragen. Heute sind solche Verpflichtungen allerdings zu 99% bereits abgelöst.
    Zu den Gottesdiensten wurde eine halbe Stunde vorher vorgeläutet, damit man sich zuhause fertig machte und sich auf den Weg in die Kirche begeben konnte. In Bayern wird in manchen Gegenden kurz vor Beginn der Messe zusammengeläutet, das heißt jetzt muss man sich sputen, denn mit dem letzten Klang der Glocken betritt der Pfarrer die Kirche und es geht los. In unserer Gegend ist das allerdings so nicht der Brauch.
    Die Sterbeglocken verkünden den Tod eines Gemeindemitglieds und laden ein zum Gebet für den Verstorbenen. Wann und wie da aber geläutet wird, da kennt jede Gemeinde wieder ihre eigenen Bräuche. In Jügesheim beispielsweise beginnt beim Tod einer Frau die mittlere Glocke allein zu läuten bevor die tiefste Glocke mit einstimmt. Bei einem Mann beginnt die tiefe Glocke und später folgt die Mittlere Glocke. Auch hier gibt es in jeder der drei Gemeinden eigene Bräuche.
    Das Gebetsläuten um 18.00 Uhr ist das Älteste, das einst ausgehend von den Franziskanern in das Leben der Gläubigen verankert wurde. Im Gedenken an die Verkündigung des Engels Gabriel an Maria wird der Angelus (Engel des Herrn) gebetet.
    Das Morgenläuten kam in Erinnerung an die Auferstehung später dazu und in Kriegszeiten des ausgehenden Mittelalters wurde das Zwölf-Uhr-Läuten als besonderes Friedensgebet eingeführt. Man verband damit auch die Erinnerung an die Kreuzigung Jesu, die um diese Zeit stattfand. Im Moment laden wir ja erneut ein, um den Frieden für die Ukraine bei einem längeren Mittagsläuten zu beten. Auch bei diesen beiden Gebetszeiten hat man dann später einfach den Engel des Herrn gebetet.
    So wünsche ich Ihnen und Euch allen ein offenes Ohr und ein offenes Herz, die Stimmen und die Botschaft der Glocken immer wieder aufmerksam aufzunehmen und wir hoffen, dass bald die Friedensglocken das Ende des Ukrainekonflikts verkünden können.

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