• Die Sakramente (Teil 2)

  • von Wolfram Schmidt

    1.4. Wesenselemente der Sakramente


    Alle Sakramente haben drei Wesenselemente, die sie als Sakramente ausmachen. Da ist zunächst das äußere Zeichen in Tat und Wort. In der Tat, dem äußeren Vollzug eines Sakramentes drückt sich die gläubige Beziehung zu Jesus Christus in der jeweiligen Lebenssituation aus. Das zugehörige Wort erklärt, deutet und macht die Tat eindeutig. Worte und Tun gehören zusammen.
    Das zweite Wesensmerkmal ist die Einsetzung durch Jesus Christus. Dieser Aspekt wird gerne historisierend betrachtet, das heißt: Jesus hat das so und so getan! Aber diese Wendung Einsetzung durch Jesus Christus ist ein altes theologisches Denkschema. Wenn wir fest davon überzeugt sind, dass der Auferstandene in der nachösterlichen Kirche wirkt, dann können wir auch sagen: die Stiftung der Sakramente ist vor allem durch den nachösterlichen Jesus Christus geschehen. Die Zeichensetzung (z.B. Handauflegung, Brotteilung) ist durch den vorösterlichen Jesus von Nazareth gesetzt worden - sie hat durch seinen Tod am Kreuz und die Auferstehung von den Toten ihre Wirkung erhalten und ist dann von den Aposteln und ihren Nachfolgern verkündigt worden.
    Das dritte Wesensmerkmal eines Sakramentes ist die innere Gnade, die Wirkkraft Gottes. Die Aussage Sakramente bewirken, was sie bezeichnen ist vor allem eine Sache des Glaubens an den lebendigen Gott, der sich uns mitteilt und an uns wirkt, ist eine Glaubenssache, dass Jesus Christus vom Tod erstanden ist und verherrlicht lebt. Die alte theologische Formel, dass Sakramente ex opere operatum wirken, will nichts anderes aussagen, dass die Sakramente aus ihrem richtigen Vollzug heraus wirken. Das heißt: der menschliche Spender ist nur ein Werkzeug, der eigentliche Spender ist Jesus Christus. Jedoch muss der menschliche Spender die richtige Absicht haben, das zu tun, was die Kirche tun will und der Empfänger muss bereit sein, kein Hindernis dem Empfang entgegenzustellen.

    2. Die Taufe


    Wenn ein Mensch der Frohen Botschaft, dem Evangelium begegnet, kann das zwei Wirkungen auf ihn haben. Hat er kein Interesse, dann geschieht selbstverständlich nichts. Ist er aber von dieser Botschaft begeistert, so ist er bereit, sein bisheriges Leben zu ändern. Diese Umkehr des Lebens ist eine grundlegende Antwort auf das Evangelium, sie begründet den Glauben an Jesus als den Christus Gottes. Sie ist die Basis für die Taufe.
    Diese Umkehr, diese Abkehr vom Alten und Zuwendung zu Neuem wird sichtbar gemacht im Zeichen des Abwaschens, dem Zeichen, dem sich Jesus zu Beginn seiner öffentlichen Tätigkeit bei Johannes dem Täufer auch selbst unterzog. Zu diesem Zeichen des Abwaschens kommt das Taufbekenntnis, die freiwillige Zustimmung zu der neuen Lebensentscheidung und Lebensverpflichtung.
    In der Taufe geschieht die Eingliederung in die Gemeinschaft der Glaubenden, denn der Glaube ist nicht nur eine Sache des Einzelnen (ICH glaube), sondern auch eine Angelegenheit der Gemeinschaft (WIR glauben). Denn ohne die Gemeinschaft ist eine Weitergabe des Glaubens nicht möglich, ohne Gemeinschaft kann ein Mensch den Glauben nicht erfahren und erleben.
    Die Taufe besitzt noch einen dritten Aspekt: den Bezug zu Jesus Christus und zu Gott. Durch die Taufe erfolgt eine Wiedergeburt, eine Neugeburt in Gott. In der Taufe auf den Namen Jesus Christus wird der Getaufte an den gekreuzigten und auferstandenen Herrn quasi übergeben.
    Historisch ist wohl festzuhalten, dass Jesus nicht taufte. Sicher ist, dass seine Jünger sehr bald nach Ostern zu taufen begannen.
    Johannes der Täufer, bei dem Jesus die Umkehrtaufe empfangen hatte, taufte im Hinblick auf ein baldiges Erscheinen Gottes in Israel, das seinem Volk das endgültige Heil bringen sollte. Im Glauben an Jesus Christus, in seinem Kreuz und seiner Auferstehung ist für die Jünger diese Erwartung des Täufers Wirklichkeit geworden. So verknüpften sie das Zeichen des Johannes mit der Erfahrung, dass Gott in seinem Heiligen Geist in der Gemeinschaft wirkt. Sie bringen in dieser neuen Taufe nun zum Ausdruck, dass erstens eine Umkehr und Zuwendung zur Gottesherrschaft vollzogen wird, dass zweitens eine Zuwendung zu Jesus und seinem Tun und Reden geschieht und dass drittens das Heil Gottes, das neue Leben im Heiligen Geist schon jetzt den Gläubigen geschenkt ist.
    Schon in der Urkirche gab es die Glaubensüberzeugung über die Taufe, die auch heute noch Gültigkeit besitzen. Zum einen ist nur derjenige ein Christ, der getauft ist. Die Taufe ist ein einmaliges Zeichen zur Aufnahme eines erwachsenen Menschen in die Gemeinschaft der Jesusjünger. Als zweites ist die Urkirche davon überzeugt, dass die Taufe auf Jesus den Christen mit Jesus und seinem Schicksal verbindet, mit Jesu Tod und Auferstehung. Weiterhin glaubt die Urkirche, dass die Taufe in den Geist Gottes einführt. Eine letzte Glaubensüberzeugung ist, dass Gott derjenige ist, der zuerst handelt. Gott schenkt sein Heil dem, der glaubt (und selbst das Faktum des Glaubens ist ein Geschenk Gottes).
    Wichtig war für die Urkirche der äußere Vollzug: mit lebendem, das heißt fließendem Wasser sollte getauft werden. Dazu gab es eigene Taufkirchen (Baptisterien) mit einem Taufbecken. Assistiert von einem Diakon stieg der Täufling unbekleidet in das Taufbecken, an dessen Rand der taufende Bischof stand. Er fragte den Täufling nach seinem Glauben an Gott, den allmächtigen Vater. Antwortete dieser mit Ja, so wurde er zum ersten Mal ins Wasser getaucht. Danach wurde der Täufling nach seinem Glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, geboren vom Heiligen Geist aus der Jungfrau Maria, gekreuzigt unter Pontius Pilatus und gestorben, lebend aus den Toten auferstanden am dritten Tag, zum Himmel emporgestiegen, wo er zur Rechten des Vaters sitzt, der wiederkommen wird zum Gericht über Lebende und Tote gefragt. Antwortete der Täufling mit Ich glaube, wurde er ein zweites Mal untergetaucht. Zum dritten Mal wurde er gefragt: Glaubst Du an den Heiligen Geist und die heilige Kirche und die Auferstehung des Fleisches? Nach der dritten positiven Antwort wurde der Täufling zum dritten Mal untergetaucht. So berichtet im Jahr 215 ein römischer Presbyter, der hl. Hippolyt.
    Glaube und Taufe bedingen sich gegenseitig. Ohne Glauben an Gott und an Jesus Christus ist eine Taufe nicht möglich. Ohne Taufe aber ist ein Leben in der Glaubensgemeinschaft mit Jesus Christus nicht möglich. So ist die Taufe notwendig für die Erringung des Heils, das uns Gott in Jesus Christus geschenkt hat.
    Glaube und Taufe bedingen sich also gegenseitig, ohne Glaube gibt es keine Taufe. Wie sieht das aber nun mit der bei uns üblichen Kindertaufe, Säuglingstaufe aus? Der Täufling kann noch gar kein Bekenntnis ablegen. Der Glaube ist keine feste Größe, sondern eher ein Wachstumsprozess, dem auch Erwachsene unterliegen. Glaube ist ebenfalls eine gemeinschaftliche Angelegenheit. Bei der Taufe von Säuglingen kommen diese beiden Aspekte zum Tragen. Eltern, Paten, die ganze Gemeinde haben eine Verantwortung zum Glaubenswachstum des Täuflings - nebenbei gesagt, haben sie diese Verantwortung auch, wenn ein Erwachsener getauft wird. Deshalb ist ein Gemeindegottesdienst der eigentliche Ort der Taufe.
    Noch ein Wort zum ökumenischen Aspekt. Die evangelischen Kirchen kennen natürlich auch die Taufe, sie tun in Vollzug und Absicht dasselbe, was wir Katholiken tun. Das gilt auch für die Taufen einiger Freikirchen (Baptisten, Mennoniten, Methodisten, Herrnhuter Brüdergemeinde). Umstritten ist die Taufe der Mormonen und der Neuapostolischen Kirche. Das, was die Zeugen Jehovas tun, ist keine Taufe. Keine Taufe kennen die Heilsarmee und Quäker.
    Fortsetzung in der nächsten Ausgabe...

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