Die Marienkirche zu Hanau Steinheim
Die Marienkirche der Pfarrei Steinheim St. Johann Baptist wurde in schwerer Zeit erbaut: Grundsteinlegung 1933 unter Pfarrer Adam Malsi, Fortführung unter Pfarrer Alois Kost bis 1939, Einweihung 1940 unter Pfarrer Wilhelm Desiderius Thoerle – mitten im 2. Weltkrieg.
Der Mainzer Bischof Dr. Albert Stohr verlieh ihr bei der Weihe den Titel
Maria Hilfe der Christen. Dieses Motiv der Schutzmantelmadonna zeigt auch das große Rosettenfenster über dem Eingang bzw. der Orgel.
Unsere Kirche ist ein mächtiger Bau: ca. 65 m lang, 21 m breit, aus dem Felsgrund der Heimat gemauert, am Rande eines ehemaligen Steinbruches gelegen, von Westen nach Osten ausgerichtet. Steinheimer Firmen und oft unentgeltliche tatkräftige Mitarbeit von Pfarrangehörigen sowie Pfarrer Thoerle selbst schufen einen großzügigen, klar gegliederten Bau.
In den Jahren 2001/2002 wurde die Marienkirche gründlich renoviert und mit einer neuen Apsisbemalung ausgeschmückt. Die polnische Künstlerin Wanda Stokwisz-Dück hat die Ausgestaltung konzipiert und ganz alleine gemalt. Die Rot- Braun- und Ockertöne geben der Kirche eine große Wärme, das Gold eine besondere Feierlichkeit. Die Darstellung zeigt in der Mitte Christus als Pantokrator (Allherrscher) mit segnender Rechten; die Linke hält die Heilige Schrift geöffnet dem Gläubigen entgegen. Man liest die tröstenden Worte:
Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten tragt, ich werde euch Ruhe verschaffen (Mt 11,28)
Links von Christus steht die Gottesmutter, Patronin der Kirche, rechts von ihm Johannes der Täufer, Patron der Pfarrei. In der Ikonenmalerei ist diese Art der Darstellung unter dem Namen "Deesis = Maiestas Domini" schon seit mittelbyzantinischer Kunstepoche (850-1200) bekannt. Johannes, der Vertreter des Alten Testaments – Maria als der Ursprung des Neuen Testaments. Die Botschaft dieses gemalten Motivs besteht darin, westliche und östliche Geistigkeit zu einer harmonischen Einheit zu führen. Die Künstlerin hat in St. Petersburg in Russland die Ikonenmalerei studiert.
Der Altarraum wird eingerahmt vom sog. Triumphbogen mit Texten der vier Evangelisten, die links Maria betreffen, rechts Johannes den Täufer. Der gesamte Bogen wirkt wie ein großes Eingangstor zum Chorraum mit dem Sakramentsaltar. Die gesamte
Ausgestaltung ist von hoher Symbolkraft: Der flockig gemalte Hintergrund kann u.a. als Wolke gedeutet werden, hinter der sich Gott verbirgt. Schwebende Seraphim auf den Innenseiten des Bogens, das Lob der Gottesmutter, und hoch oben im Bogen das wachende Auge Gottes. Jedes Zeichen und jeder Pinselstrich hat eine tiefe Bedeutung.
Den Zelebrationsaltar sowie Ambo, Priestersitz, Sedilien und den Leuchter der Osterkerze schuf der Offenbacher Künstler Gabriele Renzullo aus Basalt. Auch die Ständer für Opferkerzen vor der Muttergottes stammen aus seiner Werkstatt.
Die älteste Steinheimer Madonna erhielt nach der Renovierung ihren Platz auf einer Stele mitten unter den Gläubigen. Sie wurde um 1460 von einem unbekannten Künstler geschaffen und trägt auf dem linken Arm das Jesuskind, das dem Beschauer zuzuwinken scheint. Mit der Rechten hält sie ihr Gewand, das mit reichem Faltenwurf herabfällt. Maria, die Mutter der Kirche, steht am Wege, sie führt alle, die da kommen, nach vorne, zu Christus. Bis 1940 stand diese Figur, ebenso wie das Taufbecken von 1605, in der Alten Pfarrkirche am Kardinal-Volk-Platz.
Überlebensgroße Holzfiguren der Heiligen Hildegard, Johannes, Theresia und Sebastian stammen von zwei Steinheimer Bildhauern, Peter Busch (1891 – 1972) und Heinrich Wohlfahrt (1887 – 1966). Das Kreuz auf dem Sakramentsaltar zeigt Christus als erhabenen Sieger über Sünde und Tod, ein Werk von Peter Busch.
Auf den Tabernakeltüren sind in Elfenbein 12 Quadrate zu einer Tischplatte angeordnet mit den hebräischen Namen der 12 Stämme Israels. Die umgebenden Messingquadrate verzeichnen die Namen der 12 Apostel und in 7 Kreisen auf Elfenbein die Anfangsbuchstaben der 7 Sakramente.
In den Seitengängen befindet sich ein Kreuzweg im Nazarener-Stil mit 14 Stationen. Vier große Engelfiguren (Gabriel und Raphael, sowie einer mit Rauchfass, einer mit Lyra) hängen auf den Pfeilern im Chorraum, sie stammen ebenfalls aus der Werkstatt von Peter Busch.
Der 42 m hohe Turm trägt 7 Glocken. Es handelt sich um das zweitgrößte Geläute der Diözese Mainz. Dies wurde durch den hochherzigen Stifter Heinrich Bauer ermöglicht, auf dessen Wunsch auch ein Stundenschlag als Halleluja-Glockenspiel erklingt.
Die jetzige Orgel stammt aus der evangelischen Marienkirche in Hanau. Sie wurde überarbeitet und ergänzt 2002 geweiht, besitzt heute 46 Register mit 3061 Pfeifen, 3 Manualen und ein Pedal.
In der Rückwand der Kirche befinden sich zwei Nischen: eine zur Erinnerung an die Gefallenen der beiden Weltkriege, in einer ruht der Erbauer Alois Kost. Die ehemalige Taufkapelle dient heute als Beichtzimmer. Dort befindet sich auch ein moderner Mosaik-Kreuzweg des Künstlers Alois Plum, den er 1960 für die Marienkirche gestaltete.
Große Rundbogenfenster in den Seitengängen des Kirchenschiffs geben dem Raum Lichtfülle. Die 14 Rundfenster unter der Holzkassettendecke des Mittelschiffs sind noch im ursprünglichen Zustand, sie zeigen Symbole der Rosenkranzgeheimnisse bzw. der Kardinaltugenden.
Der Eingang im Turm ist für Besucher meistens geöffnet.
Zusammengetragen von Christa Grünbecken
Jede Beschreibung ist theoretisch, Selbst ansehen gibt den Eindruck. Wir laden Sie herzlich dazu ein.
Literatur
Geschichte der katholischen Pfarreien St. Johann und St Nikolaus von Dr. Leopold Imgram, Steinheim
Denkmäler und Geschichte von Dr. W.B. Kaiser, Schriften aus Pfarreibestand.