von Pfarrer Wolfram Schmidt
In der letzten Sitzung des Pfarrgemeinderates ist sie wieder aufgetaucht: die Frage nach dem Unterschied zwischen dem Pastoralen Weg, der uns schon seit ein paar Jahren beschäftigt, und dem Synodalen Weg, von dem wir vor allem über verschiedene Presseberichte erfahren. Und dann geistert seit etwa zwei Jahren noch ein dritter Begriff herum: Weltsynode. Das kann schon verwirrend sein. An dieser Stelle möchte ich Ihnen grundsätzliche Informationen geben zu diesen drei unterschiedlichen Prozessen, die uns irgendwie beschäftigen.
Pastoraler Weg, Synodaler Weg - ist das nicht dasselbe? Und was ist die Weltsynode?
Pastoraler Weg, Synodaler Weg und Weltsynode sind drei unterschiedliche Prozesse, die allerdings an vielen Stellen Gemeinsamkeiten haben. So beschäftigen sich alle drei Prozesse mit der Frage, wie wir alle als Katholische Kirche den christlichen Glauben aus dem Evangelium heraus zeitgemäßer verkünden können, wie wir alle als katholische Christen unserem Sendungsauftrag nachkommen können, unseren Glauben in dieser Welt zu leben und zu bekennen. Dabei werden auch erstmals kritische Themen angesprochen (Macht- und sexueller Missbrauch, Zölibat, Weihe für Frauen). Die Weltsynode wird auf der Ebene der Weltkirche stattfinden, der Synodale Weg ist eine Angelegenheit der Katholischen Kirche in ganz Deutschland, der Pastorale Weg ist ein Prozess des Bistums Mainz.
Wer hat diese Wege initiiert?
Der Pastorale Weg ist das Ergebnis der ersten Bestandsaufnahme, die unser Bischof Peter Kohlgraf in seinem ersten Jahr als Bischof von Mainz gemacht hat. Schon seit langer Zeit ist es vielen Verantwortlichen in den Bistümern Deutschland bewusst, dass ein Weiter-so in der pastoralen Arbeit der Pfarreien nicht mehr möglich ist. Ebenso lange gibt es Versuche in den Bistümern, nach neuen Wegen zu suchen - so viele Wege wie es Bistümer gibt. Unser Bistum Mainz hat sich 2018 als eines der letzten Bistümer ernsthaft auf den Weg gemacht.
Der Synodale Weg geht auf die Initiative der Deutschen Bischofskonferenz zurück, die im Rahmen der Aufarbeitung der Verbrechen des sexuellen Missbrauches gemeinsam mit der Laienvertretung der deutschen Katholiken, dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZDK), nach Wegen der Stärkung der Glaubwürdigkeit der Kirche suchen möchte.
Die Weltbischofssynode ist eine Initiative von Papst Franziskus. Er möchte mit Bischöfen aus der gesamten Welt 2024 eine Synode in Rom zu der genannten Thematik halten. Dabei ist er zum ersten Mal in der Vorbereitung dieser Synode den Weg gegangen, die vielen Ortskirchen miteinzubeziehen. So wurde 2021 ein Fragenkatalog in alle Ortskirchen versandt, den Interessierte beantworten konnten.
Wer nimmt an den beiden Wegen teil?
Bischof Kohlgraf will von Anfang an den Pastoralen Weg als einen geistlichen Weg verstehen, auf dem sich alle Katholiken des Bistums Mainz mit den Fragen der Stärkung und Neuausrichtung des Glaubens und der pastoralen Arbeit in den Gemeinden beschäftigen sollen. Es geht ihm um eine Erneuerung auf allen Ebenen; dabei spricht der Bischof von einer Kirche des Teilens, Teilen des Lebens, Teilen des Glaubens, Teilen von Ressourcen und Teilen von Verantwortung.
In die konkrete Prozessarbeit waren in Phase I. innerhalb der Dekanate viele hauptamtliche und ehrenamtliche Menschen aus den Gemeinden eingebunden - alle, die sich von den Einladungen zum Mitwirken angesprochen fühlten. Am Ende standen zwei Ergebnisse: wie viele neue pastorale Einheiten aus den bisherigen Dekanaten gebildet werden; dazu ein erstes Konzept, in dem die Rahmenbedingungen und Schwerpunkte für die zukünftige pastorale Arbeit in den neuen Pastoralräumen formuliert wurden. Dazu kamen weitere Arbeitsgruppen, die auf diözesaner Ebene gebildet wurden, um konkrete Arbeitshilfen zu formulieren. In der seit Sommer 2022 laufenden Phase II. geht es nun um die konkreten Fragen, wie in den Pastoralräumen pastorale und organisatorische Bedingungen auf dem Weg zur Bildung einer neuen Pfarrei gestaltet und gelebt werden können. Dazu werden im Moment die notwendigen Gremien und Arbeitskreise gebildet.
Am Synodalen Weg nehmen die Mitglieder der Bischofskonferenz, die Mitglieder des ZDKs sowie eine Reihe von berufenen Männern und Frauen aus den Diözesen und aus katholischen Verbänden teil.
An der Weltbischofsynode werden 2024 Bischöfe aus aller Welt in Rom zusammenkommen, dazu auch Vertreterinnen und Vertreter zu bestimmten Themengruppen. In der ersten Phase der Vorbereitungen konnten interessierte Frauen und Männer in den Gemeinden vor Ort und vielen Verbänden und Gruppierungen ihre Stellungsnahmen abgeben, die dann zunächst auf Bistumsebene zusammengefasst wurden, später auf der Ebene einer Bischofskonferenz. Daraus entstand in Rom eine weitere Zusammenfassung, die im Moment zurückgegeben wurde, um auf der Ebene der kontinentalen Bischofskonferenzen erneut diskutiert zu werden (so fand die europäische Versammlung zwischen dem 5.2. und 12.02. in Prag statt).
Gibt es kein pastorales Konzept, das der Bischof dem Bistum vorgelegt hat?
Eine wichtige Erkenntnis des Bischofs war, dass unser Bistum in den einzelnen Regionen viel zu unterschiedlich ist (ländlich geprägte und städtisch geprägte Gemeinden, Diasporagemeinden und mehrheitlich katholische Orte), um ein neues, einheitliches Pastoralkonzept zu entwickeln. Deshalb hatte er alle Dekanate aufgefordert, ein pastorales Konzept für die Gemeinden im Dekanat zu entwickeln, je nach den Gegebenheiten vor Ort.
In den diözesanen Arbeitsgruppen wurden Themenbereiche angesprochen, die das Bistum als Gesamteinheit betreffen. Auch hier gab es keine Denkverbote.
Durften die Dekanate, dürfen jetzt die Pastoralräume frei entscheiden, was sie für die zukünftige pastorale Arbeit brauchen?
Im Großen und Ganzen durften und dürfen die Dekanate und Pastoralräume ihr pastorales Konzept entwickeln. Aufgrund verschiedener Gegebenheiten (insbesondere zur Verfügung stehendes hauptamtliches Personal, zur Verfügung stehende finanzielle Mittel) hat das Bistum für die konzeptionelle Arbeit ein paar Vorgaben gemacht. Innerhalb dieses Rahmens waren und sind die Dekanate und Pastoralräume frei, ihr Pastoralkonzept zu formulieren. Das gilt auch für die diözesane Ebene - diese werden ebenfalls in die Umsetzungsphase eingebunden.
Was geschieht mit diesen Konzepten?
Am Ende des ersten Abschnittes des Pastoralen Weges, im Herbst 2021, haben alle Dekanate ihr Konzept dem Bischof vorgelegt. Der Bischof hat diese Pastoralkonzepte geprüft und den Dekanaten eine entsprechende Rückmeldung gegeben. Mit der Bildung der Pastoralräume am 1.7.2022 wurden die strukturellen Vorgaben der Konzepte in Kraft gesetzt.
Im jetzigen Abschnitt des Pastoralen Weges werden in den Pastoralräumen zum einen die Pastoralkonzepte detaillierter auszuarbeiten sein. Und: es beginnt die Phase der konkreten Umsetzung. Die wird schrittweise erfolgen, nicht in allen Pastoralräumen zur gleichen Zeit - je nach den Bedingungen vor Ort. Die ersten Neugründungen von Pfarreien sollen zum 01.01.2024 erfolgen, andere sind vielleicht erst zum 01.01.2030 soweit. Am Ende des Pastoralen Weges (sofern überhaupt von einem Ende geredet werden kann), soll das Bistum Mainz fit sein für die pastorale Arbeit in den Gemeinden in den 2030er Jahren und darüber hinaus.
Beschäftigen sich die drei Prozesse auch mit den heißen Eisen?
Thematisch kamen die bekannten Reizthemen schwerpunktmäßig bei den Gesprächen des Synodalen Weges auf den Tisch: die priesterliche Lebensform (u.a. der Zölibat), die Sexualmoral der Kirche, die Frage nach der bischöflichen Macht, die Frage vom Zugang von Frauen zu kirchlichen Weiheämtern. Zu diesen vier Themengruppen fanden in Klein- und in Großgruppen Gesprächsforen statt. Im März 2023 kommt es zum Abschlusstreffen des Synodalen Weges in Frankfurt, in der die letzten Thesenpapiere verabschiedet werden sollen.
Für den Pastoralen Weg spielen diese Reizthemen nur eine untergeordnete Rolle, sie können aber von Fall zu Fall thematisiert werden, insbesondere dann, wenn es um Fragen der verantworteten Leitung von Gemeinden geht.
Auch in der Weltsynode werden diese Reizthemen angesprochen - das ist aus den Rückmeldungen der Bischofskonferenzen aus der ganzen Welt deutlich geworden. Für den Synodalen Weg bedeutet das, dass inzwischen klar ist: wir sind nicht die einzigen in der Welt, die sich mit diesen Themen beschäftigen!
Wie sieht die konkrete Umsetzung der Ergebnisse des Synodalen Weges aus?
Die vier großen Themenbereiche des Synodalen Weges sind - selbst wenn alle Teilnehmenden es wollten - nicht allein von der deutschen Kirche zu entscheiden. Die katholische Kirche ist weltumspannend. Und sie ist noch hierarchisch/monarchisch strukturiert. Das letzte Wort haben die Bischöfe, vielfach allein der Bischof von Rom.
Aus dieser Sicht heraus ist es hilfreich, dass die Weltsynode vom Papst initiiert wurde. So können manche Impulse wichtig werden, die vom Synodalen Weg ausgehen. Und wer weiß: vielleicht entwickelt sich aus dieser Weltsynode ein neues, drittes Vatikanisches Konzil: Vielleicht erleben wir das noch innerhalb der nächsten zehn Jahre: Die Tür ist vielleicht gerade noch geschlossen, aber hoffentlich nicht abgeschlossen. (Sr. Katharina Ganz, Ordensoberin der Oberzeller Franziskanerinnen, in: katholisch.de, 06.09.2022).