• Warum feiern wir Sonntagsgottesdienste?

  • von Wolfram Schmidt

    Über die Bedeutung und den Aufbau der sonntäglichen Gottesdienstfeiern


    (Teil 6)

    3.2.5. Das Evangelium


    Die Verkündigung des Evangeliums ist der Höhepunkt des Wortgottesdienstes. Im Wort der frohen Botschaft (das ist das deutsche Wort für Evangelium) begegnet uns Jesus Christus. Er spricht die Worte zu uns, die uns verkündet werden. Von daher ist die besondere Ehrfurcht vor dem Evangelium zu erklären. Der Priester bereitet sich durch ein persönliches Gebet auf die Verkündigung der Frohen Botschaft vor: Herr, sei in meinem Herzen und auf meinen Lippen, damit ich Dein Evangelium würdig verkündige. Liest ein Diakon das Evangelium vor, so bittet er um den gleichlautenden Segen des Priesters.
    Durch ihre Zurufe bezeugt die Gemeinde, dass Jesus Christus zu ihnen spricht: Ehre sei Dir, o Herr! - Lob sei Dir, Christus! Zugleich bezeichnen sich alle Anwesenden auf Stirn, Mund und Brust mit einem Kreuzzeichen: Herr, öffne meinen Geist, meine Lippen und mein Herz für Dein Heiliges Wort! So zeigen sie ihre Bereitschaft, das Wort des Herrn aufzunehmen und auch weiterzugeben.
    Ministranten mit Leuchtern heben die Bedeutung des Evangeliums noch hervor, indem sie mit ihren brennenden Kerzen auf das Licht der Welt, auf Jesus Christus hinweisen. An festlichen Tagen steigert der Gebrauch von Weihrauch die Verehrung des Herrn, die ebenfalls durch den Kuss des Evangelienbuches am Ende der Verkündigung symbolisiert wird.
    Die Ordnung der Lesungen aus der Heiligen Schrift sieht vor, dass innerhalb von drei Jahren die wichtigsten Teile der Evangelien verkündet werden. Den sogenannten drei Lesejahren sind zunächst die drei synoptischen Evangelien zugeteilt (Lesejahr A aus dem Matthäusevangelium, Lesejahr B aus dem Markusevangelium, Lesejahr C aus dem Lukasevangelium). Ergänzend dazu sind die wichtigsten Stellen aus dem Evangelium nach Johannes über die drei Jahre verteilt.

    3.2.6. Die Predigt


    Der Verkündigung des Wortes Gottes folgt die Homilie, die Auslegung des Wortes Gottes. Dieser Teil, normalerweise auch Predigt genannt, ist durch die Liturgiereform zu einem verpflichtenden, festen Bestandteil der sonntäglichen Eucharistiefeier geworden. Nur aus besonders schwerwiegenden Gründen darf sie ausfallen. Es ist dem Prediger empfohlen, über einen der verkündeten Texte zu predigen. Er kann aber auch andere Themen aufgreifen, z.B. einen liturgischen Text oder Handlungen erklären und vertiefen, oder auf Besonderheiten in der Gemeinde eingehen. Insgesamt ist die Predigt einer der anspruchsvollsten Teile des Gottesdienstes, fordert sie doch nicht nur eine intensive Vorbereitung des Predigers, sondern auch eine offene Hörbereitschaft der Gemeinde. Zur Aneignung der verkündeten Botschaft ist eine kurze Pause in Stille nach der Predigt sehr empfehlenswert.
    In Deutschland ist die sogenannte Laienpredigt umstritten. In den Gemeinden hauptamtlich (beruflich) tätige Laien (Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten) sind einerseits durch ihre Ausbildung befähigt und durch ihre berufliche Aufgabe auch berechtigt, den Verkündigungsdienst wahrzunehmen, andererseits werden sie durch einschränkende Weisungen der Bischöfe an der Ausübung dieser Aufgaben (und damit eines Teiles ihres Berufes!) gehindert. Dabei ist es sicher für alle (Priester und Laien) befruchtend, wenn auch Nichtgeweihte, insbesondere auch Frauen, aus ihrem eigenen Erfahrungshorizont das Wort Gottes auslegen.

    3.2.7. Das Glaubensbekenntnis


    hre Antwort auf all das Gehörte gibt die anwesende Gemeinschaft nicht nur durch ihre Zurufe nach dem Vorgetragenen (Dank sei Gott! nach den Lesungen - Lob sei Dir, Christus! nach dem Evangelium - Amen nach der Predigt), sondern vor allem durch das nun folgende Glaubensbekenntnis. Dabei stimmen alle dem Wort Gottes zu und rufen sich die wesentlichen Glaubenswahrheiten in Erinnerung. Da das Gesangbuch Gotteslob nach wie vor nur wenig gute Credo-Lieder enthält, ist es sinnvoll, das Glaubensbekenntnis auch zu sprechen. Es kann aber auch wörtlich im Wechsel zwischen Kantor oder Kantorin und der Gemeinde gesungen werden.
    Dazu stehen das apostolische und das Große Glaubensbekenntnis zur Verfügung (GL 3,4 bzw. GL 586,2). Das kürzere, das apostolische Glaubensbekenntnis entstand in den ersten vier Jahrhunderten aus verschiedenen Taufbekenntnissen von unterschiedlichen Orten. Zum ersten Mal wird es in Mailand im Jahr 390 mit der Bezeichnung apostolisches Glaubensbekenntnis versehen. Das Große Glaubensbekenntnis, in allen christlichen Kirchen allgemein anerkannt, ist das Bekenntnis, das im Jahr 381 vom Ersten Konzil von Konstantinopel auf der Basis eines älteren Credos (Credo - lateinisch Ich glaube) als Glaubensdekret zur Abwehr verschiedener Falschlehren verabschiedet wurde.

    3.2.8. Die Fürbitten


    Im gemeinsamen Fürbittgebet, das sich nun anschließt, übt die gesamte Gemeinschaft ihr allgemeines priesterliches Amt aus, das ihr durch die Taufe und die Firmung zusteht. In diesem Bittgebet sollen die Anliegen aller Menschen vor Gott getragen werden.
    Normalerweise wird das Fürbittgebet in vier Schritten vollzogen. Als erstes lädt der Priester die Gemeinde zum Fürbittgebet ein. Er spricht dabei alle Anwesenden an. Ein Lektor, eine Lektorin nennt dann das Anliegen, für das nun gebetet werden soll. Der nun folgende dritte Schritt ist der wichtigste Teil bei den Fürbitten, das eigentlich Gebet. Es kann verschieden gestaltet werden: zum einen ist ein gesprochener oder gesungener Gebetsruf unmittelbar nach Nennung des Gebetsanliegens möglich, ein Ruf wie z.B. Wir bitten Dich... erhöre uns!; eine weitere Form wäre ein kurzes, stilles, persönliches Gebet im Sinne des genannten Anliegens; die dritte Möglichkeit ist die Kombinierung der beiden Formen - erst die kurze Stille, dann der Ruf. Das gesamte Fürbittgebet wird abgeschlossen von einer kurzen Zusammenfassung durch den Priester, der stellvertretend für die Gemeinde spricht.
    Gewöhnungsbedürftig, weil nur sehr selten praktiziert, wären zwei weitere Formen des Fürbittgebetes: zum einen das eigene, stille Gebet in den persönlichen Anliegen, ohne dass ein Lektor, eine Lektorin ein Gebetsanliegen nennt; zum anderen die Fürbitte in der Art und Weise, dass alle Anwesenden eingeladen sind, anstelle des Lektors, der Lektorin ein persönliches Gebetsanliegen der Gemeinschaft laut vorzustellen und alle dann in diesem Anliegen beten. Vor allem die letztere Form wird in Gottesdiensten mit jungen Menschen gerne verwendet.
    Da der Ambo eigentlich nur der Ort der Verkündigung ist (Lesungen und Predigt), aber nicht der Ort eines gemeinsamen Gebetes, gehören die Fürbitten nicht an den Ambo. Ideal wäre es, wenn Lektor oder Lektorin mit einem eigenen (Hand)Mikrofon ausgestattet sind, und die Fürbittanliegen von ihrem Platz im Kirchenschiff aus vortragen. Dadurch wird dann auch besonders deutlich, dass es sich um die Anliegen der Gemeinde, der Menschen handelt. Dies kann auch zum Ausdruck gebracht werden, indem alle Gemeindemitglieder ihre Anliegen in ein Fürbittbuch schreiben, das an leicht zugänglicher Stelle in der Kirche ausliegt, und für die Gottesdienstfeiern die Basis für die Gestaltung der Fürbitten liefert.
    Keinesfalls dürfen Fürbitten moralisierenden oder auffordernden Charakter haben. Das Fürbittgebet schließt gleichzeitig den Wortgottesdienst ab.
    Fortsetzung folgt...

    News und Ankündigungen