• Warum feiern wir Sonntagsgottesdienste?

  • von Wolfram Schmidt

    Über die Bedeutung und den Aufbau der sonntäglichen Gottesdienstfeiern


    (Teil 14)

    4.2.3.3. Zeichenhandlungen


    Wir Menschen leben nicht nur vom gesprochenen Wort allein, wir nehmen auch über unsere anderen Sinne wahr. So werden gerade in Wort-Gottes-Feiern neben den Ohren (Hören) auch die Augen (Sehen), die Nase (Riechen) und die Haut (Fühlen) angesprochen - durch unterschiedliche Zeichenhandlungen. Sie wollen durch ihr zeichenhaftes Tun das gesprochene Wort Gottes erlebbar machen. So kann das gesprochene Wort sichtbar, riechbar oder auch fühlbar werden, so kann es konkret greifbar für uns Menschen werden.
    Manche dieser Zeichenhandlungen sind nur für bestimmte Kirchenjahreszeiten geeignet, andere können im Laufe des gesamten Jahres eingesetzt werden. Um einem negativen Gewöhnungseffekt vorzubeugen ist es bei diesen Zeichenhandlungen ratsam, sie nicht ständig zu vollziehen.

    4.2.3.3.1. Die Verehrung des Wortes


    Die Verehrung des Wortes Gottes wird konkret in der Reverenz, die dem Evangeliar oder dem Lektionar erwiesen wird. Dabei ist natürlich nicht das Buch selbst Gegenstand der Verehrung, sondern Gott und Jesus Christus, deren Worte in diesen Büchern aufgezeichnet sind (so wie in der Liturgie grundsätzlich nie ein Gegenstand verehrt wird, sondern immer der in diesem Gegenstand gegenwärtige Herr. Das Buch, aus dem das Wort Gottes vorgetragen wird, macht die Gegenwart Gottes für unsere Augen sichtbar.
    Die Verehrung des Wortes kann durch verschiedene Zeichenhandlungen erfolgen. Das beginnt mit der Inzens mit Weihrauch vor dem Verlesen des Evangeliums. In Wort-Gottes-Feiern ist dann die Möglichkeit gegeben, dass die Mitfeiernden prozessionsmäßig zu dem Ort kommen, an dem das Evangeliar/Lektionar der Gemeinde gezeigt wird, und eine verehrende Geste vollziehen (z.B. Verneigung oder auch eine Berührung des Buches). Eine andere Art der Reverenz ist die Darbringung einer Kerze, die von der Gemeinde vor dem Evangeliar/Lektionar aufgestellt wird.

    4.2.3.3.2. Der Zuspruch durch ein biblisches Wort


    Gottes Wort ist nicht nur ein Wort, das zu uns gesprochen wird - und dann aus unserem Sinn wieder verschwindet. Gottes Wort will Zuspruch, Trost, Aufmunterung oder Ermahnung sein, auch Gottes Wort will geistliche Nahrung im Leben eines Christen sein. Diese Erfahrung wird besonders eindrücklich, wenn ein Satz oder auch nur ein Halbsatz aus einer der Lesungen persönlich zugesprochen wird. Dazu kann die feiernde Gemeinde zum Ort des Buches kommen, an dem die Leiterin/der Leiter der Feier und/oder die Lektorin/der Lektor jeder/jedem Einzelnen mit direktem Blickkontakt dieses Wort zuspricht. Verstärkt wird dieser Zuspruch, wenn dann Ministranten dieses gesprochene Wort auf einem vorbereiteten Kärtchen in schriftlicher Form zur Nachbetrachtung mit auf den Weg geben.

    4.2.3.3.3. Das Taufgedächtnis


    In der Taufe wurden wir Christen, erhielten wir die Würde als Gottes Kinder, als auserwähltes Geschlecht und königliches Priestertum. In der Taufe wurden wir an Gott und an Jesus Christus gebunden - und haben dies später in der Firmung eigenständig bekräftigt. Wenn wir uns an unsere Taufe erinnern, dann vergewissern wir uns dieser göttlichen Gaben, dann bestätigen wir unser Ja zu diesen Gaben.
    Das Taufgedächtnis eignet sich besonders für die Tage in der Osterzeit, für besondere Fest- und Feiertage (Erscheinung des Herrn , die Patroziniums- und Weihetage der Pfarrkirche) sowie für ökumenische Gottesdienste.
    Der Ort des Taufgedächtnisses wäre im Idealfall der Taufstein - sollte dieser für die Mitfeiernden nicht gut sichtbar/zugänglich sein, kann ein entsprechendes Gefäß mit Wasser an zentraler Stelle stehen.
    Das Taufgedächtnis selbst vollzieht sich in mehreren Schritten:
    • es beginnt mit dem Glaubensbekenntnis (ist also ein Taufgedächtnis in einer Wort-Gottes-Feier vorgesehen, bedarf es des eigenständigen Schrittes des Glaubensbekenntnisses nicht),
    • es schließt sich ein Lobpreis über das Taufwasser an bzw. die Segnung des Taufwassers,
    • in einem dritten Schritt wird dieses Gedächtnis sichtbar gemacht, indem die Gottesdienstgemeinde zum Taufstein bzw. zum Wassergefäß hinzutritt und sich mit dem Wasser bekreuzigt oder sich in Stille oder mit einem Begleitwort mit dem Wasser bekreuzigen lässt.

    4.2.3.3.4. Das Schuldbekenntnis und die Vergebungsbitte


    Ein immer wiederkehrendes Motiv in den Heiligen Schriften ist der Aufruf zu Umkehr und Neuanfang (Mk 1, 15b, par.). Menschliches Tun ist immer wieder verbunden mit Versagen und Schuld. Egal ob dieses Versagen nur klein ist oder große Folgen hat - es bleibt die Fehlerhaftigkeit.
    Gottes Wort aber ist die Botschaft der Barmherzigkeit, der Vergebung und der Ermöglichung zu einem Neuanfang. Die Antwort des glaubenden Menschen ist deshalb immer wieder die ehrliche Prüfung seiner selbst, das Eingestehen des Versagens und der Schuld, sowie die Bereitschaft, einen Neuanfang zu beginnen. Besonders in der Adventszeit und in der österlichen Bußzeit soll diese Antwort auf Gottes Wort seinen Platz haben.
    Auch in der Wort-Gottes-Feier ist diese Antwort möglich, indem die Gemeinschaft die Bitte um Vergebung ausspricht und sich das Wort und Zeichen der Versöhnung gegenseitig zuspricht.
    So gehört in diesen Teil der Wort-Gottes-Feier:
    • der Bußakt, bei dem nach einer Besinnung entweder das allgemeine Schuldbekenntnis gesprochen wird oder aber in unterschiedlicher Weise ein einfaches Bekenntnis erfolgt (z.B. ein Kyrie-Ruf, in einem Wechselgebet),
    • das Versöhnungswort kann durch die Leiterin/den Leiter der Feier allgemein oder auch persönlich zugesprochen werden, wenn die Mitfeiernden einzeln nach vorne treten. Zu Aschermittwoch hat dann hier auch das Aschenkreuz seinen Platz,
    • im gemeinsamen Friedensgruß, den alle untereinander austauschen wird die Vergebungsbereitschaft und -zusage untereinander bekräftigt.

    4.2.3.3.5. Die Lichtdanksagung (Luzernar)


    Eine ganz besondere Form der Antwort auf das Wort Gottes ist die Lichtdanksagung. Sie eignet sich speziell für die dunkle Jahreszeit, die Adventszeit und Weihnachtszeit, einschließlich dem Fest der Darstellung des Herrn ). In ihr wird Jesus Christus als das Licht der Welt gepriesen.
    Anders als die anderen Antwortelemente ist die Lichtdanksagung in den Anfangsteil der Wort-Gottes-Feier zu platzieren. Zum Einzug wird dabei eine brennende Prozessionskerze (oder auch die Osterkerze) mitgetragen. Das Licht dieser Kerze kann im Anschluss daran in der ganzen Kirche verteilt werden. Ein Lichtruf eröffnet dann die gottesdienstliche Feier, in den die Gemeinde dann mit einem Lichthymnus einstimmt. Zum Abschluss des Luzernars wird im Gebet Dank für das Licht gesagt.
    Fortsetzung folgt...

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