Editorial
von Wolfram Schmidt
Liebe Schwestern und Brüder,
der November steht ganz im Zeichen der Vergänglichkeit. Das beginnt mit der Natur und Tierwelt, die sich für das Überwintern rüsten, die Bäume und Sträucher werfen nach der Färbung im Oktober ihr Laub ab, verschiedene Tierarten legen sich einen Wintervorrat zu oder fressen sich ihren Winterspeck an. Auch wir Menschen rücken die Vergänglichkeit in unser Blickfeld, wenn wir an den verschiedensten Tagen den Toten gedenken: wir Katholiken tun das am Monatsbeginn mit Allerheiligen und Allerseelen; unsere protestantischen Geschwister mit dem Ewigkeitssonntag (früher Totensonntag) am Ende des Kirchenjahres; dazwischen gibt es noch den Volkstrauertag.
Und mit dem Denken an unsere Verstorbenen nehmen wir auch unsere eigene Sterblichkeit in den Blick - ob wir es mögen oder nicht. Das ist aber ein Gedanke, den wir eigentlich ganz schnell beiseiteschieben wollen. Denn wir lieben doch das Leben, wir suchen Erfüllung, Freude und Anerkennung. Das eigene Sterben aber scheint doch genau das Gegenteil davon zu sein: Leere, Trauer und Vergessen.
Wenn wir zu Beginn des Novembers gleich zwei Tage nutzen, um an Tod und Vergehen zu erinnern, dann tun wir das aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln.
An Allerseelen steht der Verlust geliebter Menschen im Vordergrund. Wir erinnern uns an die, die zu uns gehört haben und nun nicht mehr da sind. Wir trauern um sie, denn sie fehlen uns (egal wie lange sie schon nicht mehr unter uns sind)! An diesem Tag geht es um die irdisch-menschliche Seite des Todes.
An Allerheiligen schauen wir auch auf die Verstorbenen - dieses Mal aber auf die himmlisch-göttliche Seite des Todes. Denn unsere Toten sind unserer Glaubensüberzeugung nach nicht im ewigen Nichts, sondern in der Herrlichkeit Gottes, in der wahren Erfüllung, Freude und Anerkennung. Diese können wir im irdischen Leben niemals vollständig finden. Denn nur Gott schenkt uns diese Erfüllung, Freude und Anerkennung.
Wenn das mal keine Perspektive für uns ist! Ich glaube daran!